Botanische Hinweise
Paeonia kesrouanensis
Eine noch wenig bekannte Päonienart
Paeonia kesrouanensis ist eine Art, die noch immer selten in Gärten anzutreffen ist. Sie wurde wurde erst 1936 entdeckt. Fundorte befinden sich im Libanon und im angrenzenden Syrien sowie in der Süd-und Südosttürkei.
Die Pflanzen werden 35 bis 80 cm hoch. Die Blätter sind überwiegend biternat geteilt. Die Art gedeiht in lichten Wäldern vor allem auf Kalkböden in Höhenlagen oberhalb von 1000 m bis 1800 m . In der Benachbarung treten sowohl Paeonia daurica als auch P. mascula auf. Bastarde wurden nicht beobachtet. P. kesrouanensis ist so wie P. mascula eine tetraploide Art ( 2 n= 20) . P. daurica ist eine diploide Art ( 2n = 10). Für die Behaarung der Blätter werden unterschiedliche Angaben gemacht, die Fruchtblätter sind unbehaart. Ihre Anzahl wird mit 1-4, seltener mehr angegeben. Die Balgfrucht enthält viele rote Scheinfrüchte.Die Griffel sind langgezogen. Diese Ausprägung ist wichtig für die Artzuordnung. Die überwiegende Blütenfarbe ist pink Mit einem Blühbeginn Mitte März ist P. kesrouanensis die in Mitteleuropa am frühesten blühende Päonienart. Ungeachtet ihrer Herkunft wird sie als winterhart und anspruchslos ausgewiesen.
Blütenknospe Mitte März 2023 im Garten von U. Kämpfe
Der für die Art typische längliche, etwas gewundene Griffel (Ende Mai 2023)
Samenstand mit roten Scheinfrüchten Ende Oktober 2023
Alle Abbildungen: U. Kämpfe
Die Päonien von Joseph Francis Charles Rock (1884 – 1962) in Deutschland
Rock war ein bedeutender Sinologe , excellenter Chinakenner und anerkannter Botaniker und Pflanzensammler. Den Päonienfreuden ist er vor allem dafür bekannt, dass er 1925 die Päonienformen aufgefunden haben soll , die heute die botanische Bezeichnung P. rockii tragen und die dadurch charakterisiert sind, dass sie über einen großen dunklen ( von nahezu Schwarz bis rötlichbraunschwarz) Basalfleck verfügen– ein Merkmal, dass den anderen heute bekannten verholzenden Päonienwildarten fehlt. Verbreitet ist die Meinung, dass die von Rock gefundene Päonienform und die darauf zurückzuführenden Abkömmlinge weiß blühen. Der Kontrast großer weißer Blütenblätter mit dem fast schwarzen Basalfleck macht unverändert den Zauber der Päonien von Rock aus. Um die Aufklärung des Weges des von Rock gefundenen Päonienmaterials in die Gärten und der tatsächlichen Natur dieses Materials haben sich vor allem Will McLewin und Dezhong Chen (2006) verdient gemacht. Es ist spannend in der Publikation der beiden zu lesen, wie die Saatgutsendung von Rock, die zunächst 1926 an das Arnold Arboretum (Boston) gerichtet wurde, dort aufgeteilt und an die damals bedeutendsten botanischen Gärten, aber auch an private Pflanzensammler weitergeleitet wurde. Dabei wird klargestellt, dass Rock keine Wildart gefunden hat, sondern eine Kulturform, die in Choni in dem Garten eines Lamaklosters und in dem Garten eines lokalen Regenten kultiviert wurde. Einen Bezug zu Wildvorkommen in der Region konnte von Rock nicht gefunden werden. Rock erwähnt drei Pflanzen, von denen Saatgut gewonnen wurde, 1 Pflanze mit großen roten Blüten, eine Pflanze mit großen weißen Blüten und eine Pflanze , von der die Blütenfarbe nicht notiert wurde. Es bleibt festzustellen, dass es nicht stimmt, dass die weiße Blütenfarbe die alleinige Blütenfarbe von Rock´s Päonien ist. Aus der Darstellung der oben genannten Autoren ergibt sich, dass aus dem international verteilten Saatgut nur wenige Pflanzen aufgezogen werden konnten, die zu den heute bekannten weiß blühenden Varietäten `Rocks Variety´ und `Joseph Rock USA´ und zu der Varietät ´Highdown` führten. Widersprüchlichen Befunden wird dabei nicht nachgegangen. So bleibt offen, wieso die Nachkommenschaft der Pflanzen, die im Botanischen Garten Bergen aufgezogen wurden, lilafarbig (pinkfarbig) blühte und zu einer Population lilablütiger(pinkfarbiger) Päonien in Skandinavien führte. Es wird berichtet, dass unter tausenden Sämlingen ( in fortgeschrittenen Generationen) kein rein weißer Sämling aufgefunden wurde. Eher am Rande wird erwähnt, dass auch der Botanische Garten Berlin – Dahlem Saatgut erhielt und hier eine größere Pflanzenanzahl aufgezogen werden konnte.
Es ist besonders bemerkenswerte , dass es nur in Berlin gelang, viele Pflanzen anzuziehen. Es gibt dafür nur eine plausible Erklärung: Der Botanische Garten in Berlin erhielt eine viel umfangreichere Samensendung als die anderen Saatgutempfänger. Es wird vermutet, dass Rock eine gesonderte Samensendung an den Botanischen Garten Berlin geschickt hat. Belege dafür gibt es nicht. Ein Feuer hat alte Datenbestände vernichtet. Viel bedeutsamer ist, dass dieser Pflanzenstand auch heute noch vorhanden ist und von jedermann in Augenschein genommen werden kann. Über die Päonien von Rock im Botanischen Garten Berlin - Dahlem hat Rolf Marquardt 2007 in den Beiträgen zur Gehölzkunde berichtet. Die in Dahlem vorhandenen vielen Pflanzen widerspiegeln den Genbestand dieses Materials zur Zeit der Samenaufsammlung 1925. Sie stellen eine sogenannte Zeitkapsel dar ! So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Blütenfarbe rot in diesem Material vorhanden ist. Weit überwiegend tritt die Blütenfarbe weiß auf. Eher selten treten Formen mit rosa Tönungen auf. Für das gesamte Material sind sehr große Blüten mit gerundeten Blütenblättern charakteristisch. Die Schönheit dieses Materials macht verständlich, dass für den Botaniker und Sammler Rock klar war, dass es sich um keine Wildart handeln kann. Diese Auffassung vertreten auch die oben genannten Autoren. Ein schlüssiger Beweis dafür wird nicht erbracht. Es ist durchaus vorstellbar, dass es eine Wildart gegeben haben könnte, die als Artmerkmal über die großen gerundeten Blütenblätter verfügt hat. Die Hauptblütenfarbe könnte weiß gewesen sein. Die heutige P. rockii ssp. rockii ( Syn. P. linyanshanii) verfügt ja auch als Wildart über Merkmale, die einer Zuchtform entsprechen würden. Die aus dem Saatgut von Rock aufgezogenen Pflanzen wurden am Rande der Ostasienabteilung an verschiedenen Standorten aufgepflanzt. Hier leuchten die großen weißen Blüten so aus dem Begleitgrün, wie wohl die weißen Blüten, die Farrer 1914 erblickt hatte und die ihn magisch anzogen. Geht man von der Nummerierung der Pflanzen aus, sind in Berlin-Dahlem mehr als 100 Pflanzen vorhanden. Leider werden alle Standorte zu sehr durch den hochgewachsenen Baumbestand beschattet, erste Pflanzenverluste werden sichtbar. In der Vergangenheit wurde der Bestand durch Rolf Marquardt betreut. Es wäre ein großer Verlust, wenn die Dahlemer Kollektion von Rock´s Päonien untergehen würde.
Bislang ist nicht bekannt, dass die Päonien aus Dahlem gezielt in der Päonienzüchtung verwendet wurden. Zu vermuten ist, dass in den zurückliegenden Jahren immer wieder durch Liebhaber Saatgut gewonnen wurde und so im Großraum Berlin und auch darüber hinaus eine Population von Rock´s Päonien fortbesteht. Diese freilich kann nicht genetisch rein erhalten bleiben, da in den diversen Päonienaufplanzungen natürlich andere Formen aus dem P. suffruticosa-Formenkreis als Bestäuber funktionieren können. P. rockii ist eigentlich ein Selbstbefruchter. In den letzten Jahren sorgt insbesondere der an Häufigkeit zunehmende Rosenkäfer für Fremdbefruchtung. Offen bleibt die Frage, welche Merkmale die heutige P. rockii- Wildform charakterisieren und wie groß die genetische Divergenz zu den Päonien von Rock ist.
Beispiele für Rock´s Päonien im Botanischen Garten Berlin- Dahlem
Paeonia clusii subsp. rhodia
Schutz der Blüte von P. clusii subsp. rhodia vor Spätfrost 2020
Paeonia clusii ist eine staudige Pfingstrose, die auf den 3 griechischen Inseln Kreta, Karpathos und Rhodos vorkommt. Mit Ausnahme der Fruchtblätter sind die übrigen Pflanzenteile unbehaart. Nur gelegentlich weist die Blattunterseite eine Behaarung auf. Die Pflanze wird 25-50 cm hoch, sie blüht weiß. Die Wurzeln sind möhrenförmig. Die Art ist diploid ( 2n = 10) oder tetraploid (2n = 20). Es werden 2 Unterarten unterschieden, die sich in der Anzahl der Blättchen im Blatt unterscheiden. Die Unterart P. clusii subsp. clusii weist 23-95 Blättchen/Blatt auf und kommt auf Kreta und auf Karpathos vor, die Unterart P. clusii subsp. rhodia (Vorkommen auf der Insel Rhodos) verfügt über 23-48 Blättchen/Blatt, die etwas breiter sind (2,5 -4,5 cm) als bei der Unterart P. c. subsp. clusii (Blattbreite bis 2,6 cm). Bedingt durch den warmen Frühjahrsstart ist 2020 P. clusii subsp. rhodia sehr früh in der letzten Märzdekade in Blüte gekommen (Abb.). Während der kalten Nächte Ende März wurde die blühende Pflanze mit einer Styroporkiste mit Erfolg vor dem Erfrieren geschützt .
Blühende Pflanze von Paeonia clusii subsp. rhodia (Bild: U. Kämpfe)
Einzelblüte von Paeonia clusii subsp. rhodia ( Bild : U. Kämpfe)
Die Krimpfingstrose
Die Krimpfingstrose (P. daurica subsp. daurica)
Diese Wildart zeichnet sich von anderen Wildarten durch sehr große pinkfarbene Blüten, durch große dreizählige Blätter, Anspruchslosigkeit und einen sehr frühen Blühtermin Ende April/Anfang Mai aus. Sie ist eine der schönsten Päonien-Wildarten. Die Staude erreicht eine Höhe bis 80 cm. Sie wurde 1807 von Henry Charles Andrews als Paeonia daurica beschrieben. Mit dieser Benennung wird auf die frühere Bezeichnung der Krim – Taurien- Bezug genommen. Der Botaniker Peter Simon Pallas erforschte 1793/1794 die Pflanzenwelt der Krim. Er bezeichnete die hier vorkommende Päonienart als Paeonia mascula subsp. triternata. Diese Artbezeichnung ist noch immer ein anerkanntes wissenschaftliches Synonym. Verkürzt wird oft die Bezeichnung P. triternata verwendet. Dies wird auch nachfolgend so gehandhabt. Die Art kommt auf der Halbinsel Krim und im Gebiet Krasnodar (Schwarzmeerküste) in Gebirgswäldern (Kiefer und Buchen) sowie in offenen Felslagen vor. Sie ist aber auch in Bosnien, Kroatien und Serbien sowie weiteren Balkanländern anzutreffen. Nachweise gibt es auch für Griechenland, für die Türkei, für Syrien und den Libanon.
Nach dem heutigen Stand taxonomischer Untersuchungen handelt es sich nicht um die Art P. mascula (eine tetraploide Art mit 2 n = 20) , sondern um die Art P. daurica (eine diploide Art mit 2 n = 10). Bei der Krim-Päonie handelt es sich um die Unterart P. daurica subsp. daurica. Heute geht man davon aus, dass die tetraploiden Arten durch Artbastardierung entstanden sind. Kreuzungsbarrieren innerhalb der Artgruppen sind vermutlich nicht deutlich ausgeprägt. Es ist deswegen nicht verwunderlich, dass P. triternata oft als Bestäubungselter von P. daurica subsp. mlokosewitschii in Erscheinung tritt. Es ist schwierig, Bestände von P. mlokosewitschii artrein zu erhalten, wenn P. triternata in der Nachbarschaft kultiviert wird. Die fertilen F1-Bastarde variieren in der Blütenfarbe von fast weiß und hellrosa bis leuchtend pinkfarbig.
Der Austrieb mitte März
Die Samenstände von P. triternata beinhalten neben den dunklen Samen leuchtend rote Scheinfüchte, die selbstverständlich nicht keimen können. P. triternata kann leicht durch Aussaat vermehrt werden. Die Samen keimen erst im 2. Jahr nach Aussaat.
Die roten Scheinfrüchte
Samenansatz bei P. rockii linyanshanii
Bei Paeonia rockii subsp.rockii (D.Y. Hong) bzw. synonym P. rockii subsp. linyanshanii (T.Hong & G.L.Osti) ist die Art des Samenansatzes ein besonderes Alleinstellungs- und Unterscheidungsmerkmal von P. rockii subsp. atava (D.Y.Hong & K.Y.Pan).
Die Art Paeonie rockii umfasst nach dem aktuellen Stand 2 Unterarten. Nach D.Y. Hong ist das wesentliche Unterscheidungsmerkmal die unterschiedliche Blattausprägung. Bei P. rockii subsp. linyanshanii - wir verwenden hier die taxonomisch ältere Benennung - besitzen die Blättchen in dem zusammengesetzten Blatt immer eine zugespitzte längliche Form. Sie sind nicht 3gelappt (gebuchtet), wie dies bei Päonien ansonsten immer deutlich sichtbar ist. Das züchterisch besonders interessante Merkmal von P. rockii subsp. linyanshanii sind die im Vergleich mit P. rockii subsp. atava im Mittel deutlich größeren Blüten. Dazu wird in einem gesonderten Beitrag berichtet.
Besonders auffällig ist ein anderes Unterscheidungsmerkmal der beiden Unterarten – die Art der Ausprägung der Fruchtblätter im reifen Samenstand in Verbindung mit der Anzahl ausgebildeter Samenkörner je Fruchtblatt und der Dauerhaftigkeit der Befestigung der Samenkörner in dem geöffneten Fruchtblatt.
Abbildungen:Samenstände von Paeonia rockii subsp. linyanshanii Anfang Februar (2020)
Bei der Reife biegen sich die Fruchtblätter von P. rockii linyanshanii nach unten. Je Fruchtblatt werden sehr viele Samen ausgebildet. Bei freier Abblüte führt nahezu jeder Samenansatz zur Samenausbildung. Die reifen Samen fallen im Spätherbst und Winter nicht aus, sondern bleiben fest mit dem Fruchtblatt verbunden. Diese Verbindung ist so dauerhaft, dass auch im Sommer nach dem Blütejahr zum Teil noch ein fester Samensitz zu verzeichnen ist.
Abbildungen: Samenstände von Paeonia rockii atava Anfang Februar (2020)
Die Formen von Paeonia rockii atava bilden im Vergleich mit P. rockii linyanshanii in der Regel deutlich kürzere Fruchtblätter aus. Diese neigen sich bei der Reife nicht nach unten, sondern stehen mehr oder weniger waagerecht von ihrer Ansatzstelle ab. Je Fruchtblatt werden in der Regel deutlich weniger Samen als bei P. rockii linyanshanii ausgebildet. Oft ist eine verminderte Fertiliät zu verzeichnen – es gelangen nur wenige Samenkörner zur Ausbildung. Bis Anfang Ende des Winters sind fast alle Samenkörner aus den Fruchtblättern herausgefallen.